Mo im Fitnesswahn und … der Wochenmarkt

Morgens um sieben ist die Welt meist in Ordnung

Samstag.
Samstagmorgen.
Samstagmorgen um sieben Uhr.

Macht mir nix. Ich steh gern früh auf. Meistens.

Also raus aus den Federn, Kaffee gezapft, ins Bad, „Oh Gott, nicht doch“ gedacht beim Blick in den Spiegel, schnelle Dusche, Zähne geputzt, rein in tageslichttauglichen Jogginganzug und Sneakers, Bad-Hair-Day-Beanie übers Haupthaar, Schal um den Hals, Hackenporsche her, noch mal kurz gegähnt und ab.

„Nehm ichs Auto oder lauf ich?“ Ganz Freundin schneller Entscheidungen: Im Aufzug in E noch mal U1 gedrückt.

Parkplatz? Kein Problem, die Stadt schläft. Ich ja auch noch – so halb. „Faule Socke. Wärste gelaufen, wärste wach“.

Der Wochenmarkt war mein Ziel. Ich liebe die Atmosphäre dort am frühen Morgen. Frische Luft, leichter Nebel. Herrliche Gerüche nach frischem Obst und Gemüse, Brot, Oliven, Gewürzen, Käse, Kaffee. Kistenrücken an den Ständen, wenige Marktbesucher, irgendwo gackert ein Huhn, die Standbetreiber rufen sich Grüße und derbe Sprüche zu. Spürbar: Man kennt sich und nimmt einander nix krumm. So mag ich das. Mainzer Flair, Mainzer Lebensart.

Doch jetzt erst mal Mo’s Lebensart. Mo’s neue Lebensart.

Meine neue Lebensart

Nur Gemüse und Obst standen auf meinem Einkaufszettel. Klar. Im Zuge der Abspeckmaßnahmen war das nicht verhandelbar und absolut alternativlos. Sonnenklar. Selbstredend.

Blumenkohl, Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Kohlrabi, Sellerie, Lauch, Kräuter. Pfirsiche, Bananen, Weintrauben, Ananas.

„Was derfs dann soi?“ fragt mich der Bauer.
„Sechs Tomaten bitte“.
„Hier gibts nur e Pund oder e Killo, abbä weil Sie’s sinn … Alla dann“.

Auch die Tomaten eingesackt, bezahlt und dann war ich eigentlich fertig.

Überbackener Blumenkohl sollte es am Wochenende werden mit ohne Käse und mit ohne Schinkenwürfel oder mit ohne Butter und ohne Semmelbrösel. Und dazu vielleicht ne Tofuschnitte, die vorgibt, ein Schnitzel zu sein, hm? Und Gemüseeintopf mit ohne Fleisch oder mit ohne Wurst. Klare Sache. Und Tomaten auf Knäckebrot mit Margarine (dünn), Zwiebeln und mit ohne Butter. Der Speiseplan stand. Voll lecker.

Der Weg durch die Hölle

Pech. Gewaltiges Pech. Um zum Auto zu gelangen, musste ich durch ein Spalier ganz besonderer Marktstände laufen. Am Beginn hielt ich inne, rieb mir die Schläfen, senkte den Kopf wie ein Stier vor dem Angriff in einer Arena, holte tief Luft und begann mit Blick auf den Hackenporsche mein Mantra „Ihr kommt da nicht rein, ihr kommt da nicht rein“. Abmarsch und zwar energischen Schritts. Fünf Meter, zehn Meter, zwanzig …

„Mo!“ tönt es freudig aus einer Ecke: „Mohooo!“. Sonja, liebe Freundin und Kollegin aus der Firma, in der ich arbeite.
„Gut schaust du aus! Was machst du so früh schon auf den Beinen, senile Bettflucht?“
„Ich hab dich auch lieb, blöde Kuh“ antwortete ich lachend nebst einer herzlichen Umarmung.
„Naaa, was ham wir denn da alles gekauft?“ fragte Sonja.
„Nur gesunde Sachen, guck!“

Nach ein paar Scherzen hin und her zog ich weiter.

„Wir…..“
„Wir“ haben gar nix gekauft. Ich nur voll gesundes Hasenfutter. Seufz.

Die Stätte des Grauens

Es war ein Fehler.
Ein epochaler Fehler, den Kopf gehoben und den Blick, die Herkunft der Stimme suchend, schweifen gelassen zu haben, denn ich befand mich nun abseits des direkten Wegs zum Auto an der Stätte des Grauens.

„Gut schaust du aus“, hat sie gesagt. Fein. Dann könnte man doch mal ausnahmsweise…. Nein, man könnte nicht! Man kann und muss! Basta!

Noch keine Riesenschlange von Menschen am Stand vom Metzger Hardt. Kein Mainzer – Verzeihung: Keen Meenzer, bis auf jene im Abnehmwahn, besuchen den Wochenmarkt ohne Schwenk zum Stand vom Metzger Hardt.

„Ein Stück Fleischwurst bitte“.
„Frollein!“ begann die stattliche Verläuferin leicht empört, „Des haast net Fleischworscht, des haast: Isch hätt gern e Stüggsche Meenzer Grundnahrungsmiddel. Wolleses wamm oddä kalt?“
„Kalt bitte“ antwortete ich kleinlaut.
„So viel oddä so viel?“ Sie deutete die möglichen Schnittstellen mit dem Messer an und begann zu schnippeln, ohne allerdings auf meine Antwort zu warten.
Anschließend: „Sie … des geht aber net ohne!“ und zeigt mit dem Messer in die Auslage.
„Also gut, einen kleinen Becher bitte“.
Nach einem „Alla dann“ hob sie ihren wogenden …. Oberkörper über die Arbeitsfläche, griff in die Tiefe, nahm eine Schale heraus und füllte einen großen Becher randvoll mit Kartoffelsalat.

Ohne Widerworte zahlte ich, verstaute die Beute im Hacki zwischen Lauch und Zwiebeln und zog weiter. Seufz. Nicht ohne da noch ein paar Oliven, dort ein wenig Schafskäse und hier ein Stück Gouda, vom Griechen vielleicht noch ein bissel Auberginencreme? Na-tür-lich!

Ab nachhause und zurück ins Nest.

Wann ist aus Sex, Drugs und Rock’n Roll eigentlich Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer geworden?

Ich muss diese Zeitenwende verschlafen haben.

Fein. So gehört sich das.

Meine anderen Fitness-Eskapaden:

Mo im Fitnesswahn
Mo im Fitnesswahn … Zwo
Flexi Bar

 

2 Gedanken zu “Mo im Fitnesswahn und … der Wochenmarkt

  1. Hahaha, hat grad das Kino im Schädel gestartet. Cooler Text!
    Mittlerweile zähle ich mich zur Gemüseguerilla und mag keine Wurst, Fleisch, Milch und Käse mehr.😃

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