Männerballett und Akkuschrauber

Heute morgen mim Dicken zu Mr. Wash.

Erst vor ca. einen Jahr hatte ich die Waschanlage in Wiesbaden entdeckt und festgestellt, dass ich jahrelang dumm war. Sehr dumm. Geradezu dämlich:

Bis dahin hatte ich immer schön brav selbst das Auto innen sauber gemacht und öfters – nun ja … maximal zwei, drei Mal im Jahr – in des Samstags frühen Stunden kopfüber im Reich der Fußmatten den Saugrüssel bemüht, die Scheiben gewienert und das Cockpit zum Glänzen gebracht. Das Ergebnis: Jedes Mal vorzeigbar, aber bei genauer Betrachtung ein Beweis mittelschwerer und fataler Lustlosigkeit.

Nun also Mr. Wash.

Wie bei meinem ersten Besuch, so auch heute grenzenlose Begeisterung. Heute allerdings gepaart mit einem kleinen Schreck, denn die Waschanlage – das eigentlich nur auf Schmutz hungrige Biest – verging sich hinterhältig am Dicken.

Ich also rein da. Bei der Vorwäsche tanzten drei Männer bewaffnet mit Schrubbern um mein Gefährt herum und nahmen sich Scheinwerfer, Reifen und Felgen vor. Auf dem Band dann den Rest geschrubbt und trockengeblasen die ganze Herrlichkeit.

Dann rauf aufs Band für die Innenreinigung. Meine Fahrertür wurde geöffnet und … eine männliche Hand streckte sich mir freundlich entgegen, um mir beim Aussteigen … Wie bitte? ZU HELFEN?! Ich bedankte mich und schlich missmutig zum Weg derer, die auf ihr Auto warten.

Zu helfen … ich weiß ja nicht … mir ist nicht mehr zu helfen!

Fünf Männer, die ihre Wagen auf dem sich langsam bewegenden Band mit Argusaugen verfolgten. Mein Blick hingegen lenkte sich nicht aufs Auto, sondern konzentrierte sich wieder ganz auf vier Männerpopos, die zunächst in den Tiefen des Dicken verschwanden und acht Hände, die sich danach um die Scheiben und’s restliche Drumrum bemühten.

Hätte der fleißige Helfer links auf dem Foto nicht da gestanden, wo er stand, hätte ich das Übel, mit dem ich mich konfrontiert sah, als der Wagen fertig war, schon bemerkt.

Der Besitzer der helfenden Hand, die den Wagen am Anfang des Bandes in Empfang genommen hatte, winkte mich heran, als Dicker fertig war, öffnete die Fahrertür, zwinkerte mir zu und als ich auf den Wagen zuging, riss ich die Augen auf. Das Nummernschild war weg und statt dessen prangte dort schwarzgraue Leere. Ich wies Häuptling Helfende Hand – er war Vorarbeiter, wie sich herausstellte – auf den schmerzlichen Verlust hin, was er mit einem freundlichen „Fahre Parkplatz“ quittierte.

Folgsam stellte ich den Dicken auf dem Parkplatz vor der Halle ab, stieg aus, wartete, wartete und wartete und fror dabei wie blöd. Wie immer hatte ich das Haus nur in Jeans, Pullover, Schal am Hals und Beanie obenrum, verlassen und erwog zitternd, die Decke aus dem Kofferraum zu holen. Fünf Minuten, zehn, fünfzehn. In Gedanken spielte ich durch, was ich zu tun hatte, wenn das Nummernschild nicht mehr auftauchte und meine Laune sank auf den Nullpunkt.

Da! Häuptling Helfende Hand erschien, schwang in einer Hand winkend das Nummernschild, in der anderen trug er einen Putzlappen, Akkuschrauber und eine Nummernschildhalterung. Ratzfatz war das Schild wieder angeschraubt, das Ganze saubergewischt und ich war nach seinen entschuldigenden Worten und meinem „Frohe Weihnachten“ entlassen.

Morgen gehts los mit einem Auto voller Schwestern, Anne’s Kartoffelgratin, Anne’s Buletten, Jutta’s Spundekäs und haufenweise guter Laue zu unseren Oldies.

Weihnachten, wir kommen!

 

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