Verschoben von Facebook:
Es gibt so Samstage, deren erste Stunden nur den Schluss zulassen: Bitte zurückspulen, alles auf Anfang. Sofort.
Der Samstag heute war bis jetzt so einer.
Nachts zuvor wach geworden, kein Auge mehr zubekommen, Gedankenkarussel. Mein eigener DJ gespielt, Musik gehört, Luftgitarre ausgepackt, noch zwei Folgen der bei mir derzeit angesagten Serie (Crossing Lines) gesehen, wieder ins Nest und prompt verschlafen. Ja, verschlafen.
Ich mag einkaufen nicht. Daher gehe ich samstags meist schon um acht los. Keine großen Menschenansammlungen, kein Gedränge, keine miesgepetrigen Gesichter und auf dem Wochenmarkt eine schöne Atmosphäre. Doch heute: Um zehn erst wach gworden.
Den ersten Kaffee gezapft, den zweiten hinterher, geduscht und dem Revuekörper (Danke Jutta für das Zitat ) einen straßentauglichen (ja, das gibt’s) Jogginganzug verpasst. Beanie aufgesetzt – bad hair day, you know, Schal umgewickelt, Blick in den Spiegel: „Ach Gott, egal“ gedacht und los.
Magenknurren. Das ist schon mal Kacke. Merke: Nie mit knurrendem Magen einkaufen.
Rewe-Parkplatz. Schön da eigentlich. Schöne große Parkbuchten auch für nicht gerade einen Fiat 500. Um die Zeit – es war halb zwölf – schon eine wüste Schlacht um die Parkplätze. Ich Blinker raus, eingeschlagen, zack – rauscht irgend so eine tiefergelegte Angeberkutsche auf das Ziel meiner Bemühungen. Fahrer steigt aus, mein Stinkefinger zuckt – ich hab mich noch im Griff, lächele ihm gelassen anerkennend zu und attackiere erfolgreich die nächste Lücke.
Tasche mit Leergut raus, Einkaufswagen aus der Wagenreihe gezerrt und rein.
Erstmal zur Bäckerfiliale. Schlange. ich schließe mich ans Ende der Reihe an. „Acht Meenzer“ tönt es vor mir aus verschiedenen Mündern, „zwo Paarweck, e Stücksche Steusel“ und so weiter. Irgendwann war ich an der Reihe, nachdem mir eine Mutter, die hinter mir stand, einen zum Auto umgebauten und mit Kind befüllten Einkaufswagen in die Hacken gerammt hatte, begann ich: „Einen Fridolin bitte“. „Ganz oder geschnidde?“ entgegnete die Verkäuferin. „Geschnitten bitte, auch wenn mir Kerle im Stück eigentlich lieber sind“ rutscht es mir raus. Wildes Gelächter. Dem Magenknurren folgend ein „Scheiß auf die Diät“ gedacht. Also noch „ein Haselnussplunder und ein Schokocroissant bitte“, dann rein mit der Beute in den Einkaufswagen, bezahlt und ab. Das Schokocroissant hat nach wenigen Minuten das Zeitliche gesegnet.
Leergut abgegeben, Obst und Gemüse eingesackt und weiter in Schlangenlinien das im Weg stehende, unschlüssige und/oder schwätzende Volk umfahrend zur Fleischtheke. Wieder Schlange. Schießt eine vor, beginnt mit ihrer Bestellung, alle hinter mir regen sich auf. Herrje, wir haben Samstag. Es gibt Schlimmeres, als sich über Drängler aufzuregen. Als ich an der Reihe war – morgen gibt’s Bolo – „300 Gramm Hackfleisch gemischt bitte“. Fragt die Verkäuferin „Rind oder gemischt?“ Ich: „Äh…gemischt“.
Drängelei nicht, aber sowas kann mich rasend machen. Kein Mensch hört einem anderen mehr richtig zu. Wie bei so vielen anderen Gelegenheiten im Leben. Ist das denn so schwer?
Kollegen getroffen – ich kam mir vor wie auf der Schnitzelpiste (so nennen wir den Übergang zur Kantine in der Firma, in der ich arbeite). Ständig nach rechts und links nickend gegrüßt und ich ertappte mich dabei, gedanklich mein Outfit auf Kollegenaugentauglichkeit zu checken. Passed. Geht durch. Also weiter.
Weiter durch die Gänge, jedes der zahlreichen menschlichen Hindernisse umschiffend und zielsicher in den Wagen befördernd, was ich brauche. An der Kasse. Jetzt wurds ganz übel. Muttern samt Auto-Einkaufswagen nebst Kind (etwa fünf, sechs Jahre alt) und Einkäufen gefährlich nah hinter mir. Kind fängt an zu schreien und zu weinen. Mutter ignoriert das Weinen zunächst und beginnt dann, das Kind erster Güte anzukeifen. Ich habs nicht mehr ausgehalten, drehte mich um und begann erst einmal dem Kind zuzulächeln und dann ein paar Faxen zu machen. Zack, die Tränen versiegten und die Kleine begann zu lachen. Ich in Richtung Mutter „So geht das, selbst im dicksten Stress und bei größtem Genervtsein“. Augenrollen ergänzt mit „Kümmern Sie sich um ihren Kram“.
Ich meine Waren aufs Band, danach fing das Kind an, langsam nach mir die Einkäufe der Mutter zu meinen aufs Band zu legen. Schießt die Frau vor, haut dem Kind auf die Finger und die Tränen beginnen wieder. Ich drehe mich zu der Kleinen um und sage lächelnd „Danke, du bist eine tolle Hilfe“. Muttern wäre spürbar fast geplatzt.
Meine Sachen bezahlt, zum Auto und ab.
Jetzt sitze ich zuhause beim Kaffee und genieße die Stille.
Nächsten Samstag wieder um acht. Schwör!
